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Digitalisierung im ESF Plus


Die digitale Transformation und ihre Auswirkungen auf nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche ist Gegenstand einer Vielzahl nationaler und internationaler Studien, Strategien und Förderprogramme. In der Kohäsionspolitik der EU 2021 – 2027 ist die Digitalisierung eine politische Priorität, zu der auch durch den ESF Plus Beiträge geleistet werden sollen (ESF Plus-Verordnung).

Aus der Perspektive der Bereichsübergreifenden Grundsätze Gleichstellung der Geschlechter und Antidiskriminierung ist von Interesse, wie der ESF Plus durch modellhafte, innovative Ansätze einen Beitrag zur Gestaltung einer geschlechter- und vielfaltsgerechten Digitalisierung, z.B. auf dem Arbeitsmarkt, in der Bildung, hinsichtlich sozialer Benachteiligungen etc., leisten und damit zur Minimierung der digitalen Spaltung beitragen kann. Mit Blick auf die Ökologische Nachhaltigkeit wird die Identifikation der für den ESF Plus relevanten Aspekte der Zwillingstransformation (Wechselwirkungen zwischen Digitalisierung und ökologischer Nachhaltigkeit, vgl. D21-Digital-Index 2022/2023: 56ff.) im Fokus stehen.

Im Index der D21 zum Stand der Digitalisierung in Deutschland wird konstatiert:

(…) noch immer haben wir es in Deutschland nicht geschafft, die digitalen Spaltungen in der Gesellschaft zu schließen. Zwar rücken die bisher digital abseitsstehenden Gruppen weiter auf, aber noch immer stehen Frauen, ältere Generationen, Menschen mit niedriger formaler Bildung oder geringem Einkommen sowie Nichtberufstätige häufiger im digitalen Abseits und profitieren daher seltener vom digitalen Fortschritt. Mit der zunehmenden Technologieabhängigkeit in Alltag und Beruf drohen diese Gruppen auf lange Sicht auch gesellschaftlich und ökonomisch den Anschluss zu verlieren.“ (ebd.: 19)

Die „digital abseitsstehenden Gruppen“ sind Zielgruppen, die auch durch den ESF Plus adressiert werden, und deren Lebenssituation durch Programme und Projekte zur Geschlechtergleichstellung, zur aktiven Inklusion und zur sozioökonomischen Teilhabe verbessert werden soll.

Ansatzpunkte für eine geschlechtergerechte Digitalisierung und entsprechende Handlungsempfehlungen, die eine hohe Relevanz für die Digitalisierung in den ESF Plus-Förderschwerpunkten und -Programmen haben, sind v.a. dem dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zu entnehmen. Sie betreffen u.a. die Teilhabe von Frauen und die berufliche Selbstständigkeit in der Digitalbranche, die Plattformökonomie, die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Sorgearbeit (v.a. die Auswirkungen des Homeoffice auf die Verteilung unbezahlter Sorgearbeit) sowie Aspekte des Gesundheitsschutzes, der Entgrenzung oder den Schutz vor algorithmischer Diskriminierung. Digitalisierungsbezogene Kompetenzen in allen Phasen des Lebenslaufs und unabhängig vom Geschlecht zu erwerben ist ein Kernanliegen des Berichtes (Dritter Gleichstellungsbericht).

Mit Blick auf die Antidiskriminierung werden im Bundes ESF Plus-Programm die immer noch großen Unterschiede hinsichtlich der Vorbereitung der Menschen auf den digitalen Wandel und die Nutzung der Chancen der Digitalisierung durch Unternehmen aufgegriffen. Durch den ESF sollen insbesondere Menschen unterschiedlicher Herkunft und die Inklusion von Menschen mit Behinderungen – auch im Kontext der Digitalisierung – gefördert werden (ESF Plus-Bundesprogramm: 13). Im Dritten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung wird festgestellt, dass der Zugang zur Digitalisierung für Menschen mit Behinderungen, insbesondere für Frauen mit Behinderungen, durch geschlechtsbezogene Ungleichheiten und Barrieren gekennzeichnet ist.

Hierzu tragen der mangelnde Einbezug der Perspektiven und Bedarfe vielfältiger Nutzer*innen sowie mangelhafte und unvollständige Datensets und -Modelle bei. Fehlende Technikfolgenabschätzung, insbesondere für vulnerable und marginalisierte Personengruppen, fehlende Kenntnisse über soziale Ungleichheiten und keine oder unzureichende Kenntnisse darüber, wie soziale Aspekte in der Technik zu adressieren sind, zeigen deutlich den Handlungsbedarf.

Der Zusammenhang von Armut und digitaler Teilhabe, einer für den ESF Plus wesentlichen Frage, ist Gegenstand einer Expertise der paritätischen Forschungsstelle. Ergebnis der Expertise ist, dass

  • rund ein Drittel der Menschen in Deutschland sich sorgt, beim technischen Fortschritt nicht mithalten zu können,
     
  • ein Fünftel der armutsbetroffenen Menschen im eigenen Zuhause über keinen Internetanschluss verfügt und damit in der digitalen Teilhabe maßgeblich eingeschränkt ist. Armutsbetroffene Menschen nennen für dieses Fehlen eines Internetanschlusses – im Vergleich zu Menschen mit Einkommen oberhalb der Armutsschwelle – wesentlich häufiger finanzielle Gründe,
     
  • es im Hinblick auf das Vorhandensein eines Internetanschlusses und bei der Nutzung digitaler Arbeitsmittel im Beruf erhebliche Unterschiede zwischen Armutsbetroffenen und nicht von Armut betroffenen Menschen gibt.

Auch aus der Perspektive der Ökologischen Nachhaltigkeit sind vielfältige Anknüpfungspunkte zur Digitalisierung zu konstatieren. Im D21-Digital-Index 2022/2023 (56ff.) werden die potenziellen Synergien, aber auch negative Einflüsse der Digitalisierung auf die Ökologische Nachhaltigkeit als Zwillingstransformation thematisiert:

Veränderungsprozesse bedingt durch den grünen und digitalen Wandel existieren nicht unabhängig voneinander, sondern beeinflussen sich gegenseitig. Digitale Technologien können zum Beispiel helfen, den CO2-Abdruck in der Produktionsindustrie oder in Haushalten zu reduzieren oder die Instandhaltung und Wiederverwendbarkeit von Produkten zu erhöhen. Die digitale Transformation kann den grünen Wandel aber auch hemmen. Z.B. führen digitale Anwendungen zu hohem Stromverbrauch und CO2-Emissionen. Viele digitale Technologien sind ressourcenintensiv und häufig noch weit von einer Kreislaufwirtschaft entfernt.

Die Fachstelle Querschnittsthemen im ESF Plus wird auf dieser Website und durch den Newsletter regelmäßig über neue Entwicklungen im Kontext der Digitalisierung, über umsetzungsrelevante Ansätze und v.a. gute Beispiele zu geschlechtergerechter, diskriminierungsfreier und im Einklang mit den Zielen der Ökologischen Nachhaltigkeit stehender Digitalisierung berichten.


November 2023